Die Meinungen über den Film The Creator sind geteilt. Ist es nun ein Meisterwerk und mit Blade Runner vergleichbar oder unlogischer Schund? Eine spoilerfreie Rezension des Films und ein paar Gedanken über das Filmschaffen.
Bildquelle: Offizielles Bildmaterial zum Film, Regency Enterprises, Entertainment One, New Regency
KI und Robotik sind auf dem Vormarsch, als eine Atombombe in Los Angeles detoniert. Der Schuldige ist schnell gefunden: KI! Der Westen, sprich die Amis, ächten daraufhin jede Art von echter KI, in Neuasien jedoch wird weiterhin an KI festgehalten. Es entsteht ein Krieg zwischen beiden Machtblöcken, bzw. zwischen Mensch und Maschine.
The Creator, Produktionsland Vereinigte Staaten, Erscheinungsjahr
2023, Länge 133 Minuten, Regie Gareth Edwards, Drehbuch
Gareth Edwards und Chris Weitz.
Mit seinem 80 Millionen-Budget zählt The Creator schon fast als Low-Budget-Film unter den Science-Fiction-Filmen, haben doch andere Filme desselben Genres oft ein Budget von 200-300 Mio. Dollar. Nachdem ich nun The Creator gesehen habe, reift in mir die Erkenntnis, dass es manchen Filmen gut tun würde, wenn man ihnen das Budget kürzen würde. Gutes CGI ist toll, aber es ersetzt nicht Talent und Können eines guten Regisseurs. CGI ist wertvoll, aber sollte ein Instrument sein, um eine Stimmung, eine Gegebenheit oder eine Information zu vermitteln. Zu oft wird heutzutage CGI jedoch als Eigenzweck eingebracht und ist ein Prahlen: “Hey, schaut nur, was wir Geiles machen können!” Das mag auch mal interessant sein, aber ist für einen Film, der eine Geschichte erzählen will, nicht immer förderlich, wenn dadurch das, was ich hier als Filmhandwerk benennen möchte, vernachlässigt wird. Damit meine ich Aufnahmewinkel, Beleuchtung, Tiefenschärfe etc., die die gewünschte Wirkung erzielen. Man kann keinen guten Film drehen ohne das Filmhandwerk, aber man kann einen guten Film drehen ohne CGI und ohne pompöse Bilder, die inhaltliche und technische Mängel überspielen wollen. Im Optimalfall stimmt jedoch beides und geht Hand in Hand.
In The Creator wird mit CGI recht zurückhaltend umgegangen, bedenkt man das Thema und was man alles hätte einbauen können. Kameraführung, Schnitt und Sound hat teilweise einige gewagte, aber geniale Sequenzen. Weil in manchen Szenen auf Tiefenschärfe und Aufnahmen in der Totalen verzichtet wurde, musste nicht jede Umgebung und jede Szene bis ins Detail gestaltet werden und trotzdem, bzw. gerade deswegen, wurde die gewünschte Wirkung erreicht. Viele Szenen wurden draußen gemacht und nicht im Studio. Ich bilde mir ein, dass man das merkt. Nicht nur, dass beeindruckend schöne Landschaftsbilder eingefangen wurden, auch die Schauspielenden reagieren einfach echter als in einem Studio. Im Jahre ca. 2070 mögen die Städte in Neuasien Hitech-Cyberpunk-Mega-Städte sein, der Vergleich zu den Bauerndörfern, in welchem von Hand geerntet wird und der Wasserbüffel rumstakst, kontrastiert das sehr eindrucksvoll und spannend und Plausibel.
Soundmässig wars sehr gut gemacht und knapp an der Genialität vorbei, mit einigen mutigen Entscheidungen, welche Soundkulisse zur Untermalung der Bilder genutzt wurde. Jedoch hätte man da noch mehr machen können, indem man die Sounduntermalung etwas länger ausgenutzt hätte, statt dessen wurde sie jäh unterbrochen. Dies zu unterlassen war wohl eine bewusste Entscheidung, um sich von Filmen wie Apocalypse Now abzusetzen. Man soll bewusst herausgerissen werden und sich auf die Story und die Menschen konzentrieren. Ich fand es trotzdem schade, ich mag soundbegleitete Stimmungsbilder.
Alles in allem hatte es einige Szenen die von Vietnam-Kriegsfilmen inspiriert wurden, allen voran Apocalypse Now. Aber auch andere Filme dienten wohl als Inspiration. Das kann man mögen oder nicht, ich fand es jedoch nie übertrieben dargestellt.
Bildquelle: Screenshot aus dem Film The Creator
Der Erzählfluss der Geschichte hätte gerade am Anfang manchmal ein wenig rasanter sein können, jedoch wurde es nie langfädig oder langweilig. Da die Geschichte durch einige interessante Plottwists aufgelockert und damit die scheinbare Länge kompensiert wurde. Die Sympathien werden sehr schnell klar verteilt. Trotzdem ist keine der beiden Konfliktparteien über Recht und Moral erhaben.
Schauspielerisch fand ich es sehr gut. Nicht oscarwürdig, aber dazu gab es keine Rolle, die so viel schauspielerisches Talent erforderte. Das ist keine negative Kritik am Film selbst, sondern die Art des Films und der Geschichte. Alles andere wäre gar nicht plausibel gewesen. Sehr beeindruckend fand ich aber das Kind. Es ist keine Selbstverständlichkeit, dass Kinder in Filmen annehmbare Leistungen zeigen, die über den „Jöö“-Effekt oder das „Armes verängstigtes Kind“-Klischee hinausgehen.
Im Film geht es wieder mal um die offenen moralischen, ethischen und philosophischen Fragen im Umgang mit KI und die Frage nach deren Lebenswert. Also ja, ähnlich wie Blade Runner. Aber Rezensionen, die nun den Film auf die gleiche Stufe wie Blade Runner stellen, machen einen Fehler, denn das ist wie bei Fantasy-Buchrezensionen, die schreiben “Das beste Fantasybuch seit Herr der Ringe”. Entweder ist es PR oder als Clickgarant eingebracht, weil, hier bei Creator, Blade Runner Interesse weckt, aber nicht weil es ein legitimer Vergleich ist. Es ist nicht annähernd die gleiche Stufe oder erreicht die gleiche Tiefgründigkeit.
The Creator thematisiert die offenen Fragen über die Rechte von bewussten künstlichen Intelligenzen aus einer anderen Betrachtungsweise, ohne neue Schlüsse zu ziehen oder Fragen aufzustellen. Aber das muss er auch nicht, weil sich die Fragen nicht geändert haben und wohl auf ewig offen bleiben werden. Sehr schön fand ich 2 Kniffe: Zum einen gab es eine Szene, die in 2-3 Sätzen „beweist“, dass Künstliche Intelligenzen selbstbewusst und fühlend sind. In einer anderen Szene wird dann doch wieder die Einschränkung der Programmierung in einem Satz thematisiert.
Der Film hat einige Logiklöcher, die mir persönlich das Sehvergnügen aber nicht beeinträchtigten. Allen voran die Grösse des Superraumschiffes der westlichen Welt. Man muss darüber hinwegsehen können, wer das nicht kann, wird mit dem Film nicht warm werden. Mich persönlich stören Logiklöcher in der Motivation der Charaktere und deren Handlungsweise viel mehr und hierbei kann ich nicht klagen, da war alles stimmig und wurde schön aufgebaut. Die Handlung ist trotz einiger Vorhersehbarkeiten spannend, aufregend und mitreissend, mit dem für Hollywood-Filmen üblichen, etwas übertriebenen Pathos und Dramatik am Ende.
Fazit: Ein sehr gut gemachter, toller, packender, mitreissender Unterhaltungsfilm, wenn auch kein Meisterwerk.
Wertung: 8.5/10 Sprengmülleimer
Eine riesengrosses Danke an die beste und tollste Nerderlei, die mir beim korrigieren und mit viel Zuspruch geholfen hat – und immer wieder hilft, einfach schon nur, weil es sie gibt und die auch meine hyperaktiven Phasen erträgt.
Sie hat auch einen sehr lesenswerten Blog unter www.nerderlei.de
(Und egal wie toll sie korrigiert, ich schaffe es immer Fehler vorbeizuschmuggeln oder neu reinzubringen.)