Der junge Möchtegern-Edgerunner Philip möchte zu einer grossen Nummer in Night City werden. Doch der Weg ist steinig und Night City verzeiht keine Fehler.
Philip mag noch grün hinter den Ohren sein, aber schwer von Begriff ist er nicht. Er weiss, dass viele vermeintlich grosse Taten vollbracht wurden, weil zufällige Gelegenheiten spontan beim Schopf ergriffen wurden. Ein kurzer Abgleich mit der Bilddatei ergibt tatsächlich, dass es Juliette ist! Geistesgegenwärtig versucht er ein Gespräch zu starten.
«Oh hi, Jule» sagt er lächelnd und mit allem Charme, den er aufbringen kann. Dass Juliette in seinem Alter ist, erleichtert es ungemein. «Ein sehr schöner Name. Magst du mir Gesellschaft leisten?»
Kurze Zeit später sitzen sie im öffentlichen Teil des Lizzies zusammen in einer Ecke und unterhalten sich angeregt. Eine sehr angenehme Unterhaltung, findet Philip, Jule ist nämlich witzig, unkompliziert, taff und doch irgendwie verletzlich… und nun ja, sehr gutaussehend, was bei der knappen Kleidung kaum zu übersehen ist. Er geniesst ihre Gesellschaft sehr. Auch Juliette scheint ihn zu mögen, denn schon bald reden sie auch über private Dinge. Aber ein mulmiges Gefühl im Magen hat er trotzdem, wenn er daran denkt, dass sie eigentlich nur ein Job ist – oder sein sollte. Denn er würde sie wirklich gerne näher kennenlernen.
Vielleicht wäre dies ja möglich? Nach dem Job, wenn er es nicht vermasselt. Er muss sie ja nicht entführen, sondern sie nur zu einem direkten Gespräch mit ihrem Vater überreden. Andererseits hatte er immer noch ein paar Maelstroms, die ihm nur zu gerne die Augen rausschneiden würden, und er würde diese doch ganz gerne behalten.
Philip ist unsicher, wie er weiter vorgehen soll. Ehrlich sagen worum es geht? Sie erstmal mit einem Vorwand rauslocken. Für Eddies zu ihm nach Hause einladen? Oder erstmal ihren Vater anrufen und mitteilen, dass er Kontakt aufgenommen hat?
Viele hielten Philip deswegen schon für naiv, aber nach seiner Erfahrung ist es erstaunlich, wie oft man im Leben weiterkommt, wenn man einfach nur ehrlich ist. «Juliette, Jule?» sagt er trotzdem etwas bange. «Ich muss dir was sagen, ich habe dich gesucht. Dein Vater schickt mich.» Juliettes Gesichtszüge frieren ein, als er ihr alles erklärt: Das Problem mit dem Ripperdoc, der droht seine Augen rauszuschneiden bis hin zum rettenden Auftrag, wenn sie nur einwilligt, mit ihrem Vater noch einmal von Angesicht zu Angesicht zu reden.
Kreidebleich steht Juliette auf und murmelt «Ich muss raus» und taumelt davon. Sofort steht Philip auf und will ihr helfen, doch sie schüttelt seine Hand nur ab und eilt zum Ausgang. Philip folgt ihr unsicher und unter den misstrauischen Blicken der Türsteherin eilen sie in die schwüle, stickige Nachtluft Night City’s.
Juliette bleibt kurz darauf stehen und muss sich übergeben. Philip legt einen Arm um sie und stützt sie. «Hat der Scheissbastard mich also gefunden.» sagt sie schwer atmend. «Was will der intrigante, machtbesessene, rücksichtslose, gierige, egoistische Kinderficker denn noch von mir?» Sie atmet durch, würgt nochmal und fragt gepresst: «Und warum erzählst du mir das eigentlich? Solltest du mich nicht entführen oder erpressen oder sowas? Was schert es dich?»
Philip ist sich nicht sicher, was er antworten soll, da ihm seine eigenen Beweggründe selber nicht ganz klar sind.
«Ich mag keine Lügen», meint Philip achselzuckend.
«Fuck! Echt jetzt? Was bist du? Der letzte weisse Ritter von fucking Night City?» fragt Juliette. «Sorry!» meint sie einen Augenblick später, «Ich wollte dich nicht beleidigen, aber du gehörst echt zu einer aussterbenden Art.» Sie lehnt sich mit dem Rücken an die nächste Hauswand.
«Oftmals kommt man mit der Wahrheit wirklich weiter, es ist schneller und einfacher.» meint Philip und kommt sich etwas naiv vor, auch wenn er aus tiefster Überzeugung und Erfahrung vom Gesagten überzeugt ist. «Ausserdem wäre ja nichts dabei. Ich begleite dich zu deinem Vater, ihr unterhaltet euch und fertig. Dein Vater ist ja kein Ganger und kein Corpo, sondern ein angesehener Professor. Das hab ich reschersch…, ähhh… ich hab’s nachgelesen.»
«Der “angesehene” Professor Jones, mein ehrbarer, verfickter Vater.», meint Juliette in einer vor Sarkasmus triefenden Stimme, «Wie die Leute wohl reagieren würden, wenn sie alles von ihm wüssten? Er ist kein Ganger und kein Corpo, nein, aber er ist skrupellos und hartnäckig und kennt die richtigen Leute. Er kriegt immer, was er will.» sagt Juliette. «Er hat seine akademische Konkurrenz kaltgestellt, wenn sie ihm in die Quere kamen oder erfolgreicher sein könnten als er. Er hat meine Mutter in den Selbstmord getrieben und…» Juliettes Stimme, die erst immer erregter wurde, verklang.
Philip wagt nicht weiter nachzufragen, er hat ein dumpfes Gefühl im Magen.
«Er hat immer gesagt, er würde mein Leben zur Hölle machen, wenn ich was erzähle oder fliehe. Dann dachte ich, ich hätte ne Möglichkeit gefunden zu entkommen. Aber er glaubt wohl, mich irgendwie wieder kontrollieren zu können.» sagt Juliette. «Ich muss mich ihm stellen, sonst werde ich nie loskommen. Hilfst du mir, “Galahad”?»
Triggerwarnung: sexualisierte Gewalt
«Was meinst du mit, du bist ihm “entkommen?”» fragt Philip.
Juliette überlegt kurz, dann fängt sie an zu erzählen. «Ich bekam an meinem 12. Geburtstag meinen ersten Neuralport und natürlich auch die Lernsplitter dazu, nur dass meine modifiziert waren und Neurosen auslösten. Er hat dafür gesorgt, dass es eine Menge Diagnosen gab, die meine Wahnvorstellungen bezeugten als er mich mit 14 das erste mal vergewaltigte. Niemand hätte mir geglaubt und ich wäre in der Klapsmühle gelandet.
Philip schweigt betroffen. Ein dumpfes Gefühl ohnmächtiger Wut liegt ihm schwer im Bauch.
«Zum Glück war er nicht sehr oft da. Meist war er auf Reisen für seine Forschungen. Er war besessen davon, irgendwelche alten Schriften von einem alten ägyptischen Mystiker zu finden. Das war sein Lebenswerk, seine Obsession», fährt Juliette fort. «Vor etwa einem Jahr wurde er fündig. Er fand die Originalschriften. Er scannte und übersetzte sie und speicherte alles auf einen Splitter. Er prahlte damit, als er zurück war und auf mir lag. Als er schlief bin ich in sein Arbeitszimmer geschlichen, hab die Schriften verbrannt und den Stick in meinem Neuralport eingeführt. Ich hab lange darauf gewartet, war vorbereitet und habe den Stick mit einem gekauften Totmann-Daemon versehen. Wenn mir etwas passiert, der Stick unerlaubt entfernt wird oder ich das Kommando gebe, wird alles unwiderruflich gelöscht. Wenn er mir was antun wollte, würde ich also sein Lebenswerk für immer vernichten.» Juliette blinzelte und ihr verklärter Blick kehrt ins Hier und Jetzt zurück. “Also bin ich in der gleichen Nacht abgehauen, hab eine Nachricht geschrieben und ihm gesagt, in paar Jahren würde ich ihm alles senden, wenn er mich dafür in Ruhe lässt.
Dann landete ich im Lizzies und es ist die tollste Zeit meines Lebens. Klar ist es auch anstrengend, aber zum ersten mal bin ich wirklich frei. Oder war es bis jetzt!»
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