Braindances (BD) sind aufgezeichnete Erinnerungen und ermöglichen es, Geschichten virtuell mit allen Sinnen zu erleben. Die sogenannten Extreme Braindances (XBD), die auf dem Schwarzmarkt kursieren, sind aber nichts für schwache Nerven.
Triggerwarnung: Gewalt, sexuelle Gewalt, empfohlen ab 18 Jahren.
Owl und Boner wuchten die reglose Frauengestalt auf den Liegesessel in einem kühlen, mit Plastikplanen ausgekleideten Raum, welcher sich im Untergeschoss einer Fabrikhalle in Arroyo befindet und mit einer Vielzahl medizinischer Geräte ausgestattet ist.
«Wo hast du die denn aufgegabelt?» fragt Owl, während er die junge Frau auf der Liege begutachtet.
Boner zuckt mit den Schultern. «Im Totentanz, beim Tinnitus-Konzert. Hat behauptet, sie sei 19 und sich ‘Kiki’ genannt. Aber ich fress ‘nen Besen, wenn die älter als 17 ist. Hat ‘ne Ewigkeit rumgedrückt, bis sie rausrückte, dass sie ‘nen Moodsplitter wollte. Hab ihr dann ‘nen Dumper angedreht un’ die is’ um wie ein Sack Reis, als sie den eingesteckt hat.»
«Ich werd’ ihr bald was anderes anderswo reinstecken.» feixt Owl. Ein genervter Blick von Boner bringt ihn zur Ruhe. Dieser ist etwas humorlos und vor jedem Vergnügen kommt erst die Arbeit. Ausserdem mag er es nicht, wenn seine Opfer bewusstlos sind und somit nichts mitbekommen.
Owl und Boner beginnen ‘Kiki’ routiniert die Kleider vom Leib zu schneiden. Die meisten Gestalten der Strasse denken sich einen coolen Namen aus, mit denen sie dann Eindruck schinden wollen. Irgendwas ehrfurchtgebietendes, cooles und machomässiges. Der Name, der dann hängen bleibt, ist aber dann oft ein anderer. Sowohl der extrem kurzsichtige Owl, als auch Boner, der einmal einen Unfall mit einer billigen ‘Mr. Studd’ -Kopie hatte, haben ihr Pseudonym freiwillig gewählt, noch sind sie allzu glücklich damit.
Owl zieht ihr die Heels aus, deren Absätze länger sind, als…. Nun ja, ein anderes Körperteil von ihm. Fasziniert betrachtet er die grazilen Füsse und spürt eine Regung im Schritt. Ein leerer Inhaler trifft ihn unsanft an die Stirn und reisst ihn aus seinen Tagträumen.
«Reiss dich zusammen und mach vorwärts, du Fussfeti!» schnauzt Boner ihn an. «Du kommst noch früh genug zum Zug. Ich hab’ keinen Bock, hier alles solo zu machen!»
Die restlichen Kleider des Partygirls runterzuschneiden ist schnell erledigt, ausser einem kurzen, engen Partykleid, Slip und den Schuhen trägt es nämlich nichts. Sie legen sie auf den Rücken und schalten die Diagnosescanner ein.
«Corpo-Göre, Familie aus unterstem Management» schätzt Boner. «Ein Neuralport, künstliche Haut, künstliche Titten – und was für welche! Wie kommen die Kids auf die Idee, dass ein 70E … ich meine, da kann die sich doch gleich auch ein paar Basketbälle dran schrauben? Die Jugend von heute …»
«Also mir gefällt’s!» meint Owl dreckig grinsend und drückt besagte Objekte der Frau kurz, zieht seine Hände aber dann rasch genug zurück, um einem weiteren Rüffel von Boner zu entkommen.
Dieser wirft ihm einen finsteren Blick zu und wendet sich den Diagnosegeräten wieder zu. «Ansonsten wohlauf, Puls, Blutdruck, Hirnscan und Atmung normal, der Dumper hat sie einfach ausgeknockt. Kein Chrom, alles sauber. Na denn, schaffen wir sie mal in ihre Suite.»
Zuerst streift Owl aber ihre Haare aus dem Nacken und zieht den Dumpersplitter raus und ersetzt diesen durch einen FullSense-Aufnahmesplitter. In 1-2 Stunden würde sie aufwachen mit starken Kopfschmerzen, an einem fremden Ort, nackt… und der Aufnahmesplitter würde ihre Angst und Desorientierung, ihre Verzweiflung und später auch ihre tagelangen Schmerzen und Erniedrigungen bis auf kleinstes Detail aufzeichnen. Erst würden sie sie mit ihrer Unsicherheit und Verletzlichkeit in ihrer Zelle ein paar Tage schmoren lassen und ihre Angst steigern, indem sie ihr genau erzählen werden, was auf sie alles wartet. Es ist kein Zufall, dass ihre XBDs rekordpreise erzielen, sie sind schliesslich echte Profis und wahre Künstler!
Owl und Boner tragen das nackte Mädchen in ihre Zelle und werfen sie auf die oberste Pritsche des Etagenbettes. Owl gibt ihr noch einen Klaps auf den nackten Hintern bevor sich beide abwenden und die Zelle verlassen wollen.
In dem Moment zünden die Beserk-Implantate in den künstlichen Brüsten der vermeintlich bewusstlosen jungen Frau und aktivieren eine Menge Drüsen, Synapsenverstärker und aufgerüstete Muskeln in dem scheinbar harmlosen, jugendlichen Körper.
Noch bevor die beiden Männer merken, was los ist, schnellt «Kiki» von der Pritsche, packt Boner von hinten, umschlingt seinen Kopf und dreht ihn herum, bis sein Genick mit einem lauten Knacken den Geist aufgibt. Owl schaut sie nur fassungslos an, bevor er nur Sekundenbruchteile später durch einen Kick an die nächste Wand geschleudert wird und bewusstlos zu Boden sinkt.
«Verdammte Scheisse!» ächzt ‘Kiki’, die eigentlich Leonora heisst und 28 Jahre alt ist. Um ein Haar wäre der Überraschungsangriff schief gegangen, die neuen künstlichen Brüste mit einer ganzen Menge, brandneuer Berserk-Zusatzimplantaten haben ihren Körperschwerpunkt viel zu sehr nach vorne verlagert, so dass sie beinahe das Gleichgewicht verloren hätte. Sie kratzt sich ausgiebig am ganzen Körper. Auch die Camouflage-Haut, welche ihre Implantate vor Scannern schützt, juckt wie verrückt. Was für ein irrer Job, denkt sich Leonora und freut sich bereits jetzt schon darauf, nach dem Gig wieder zu ihrer normalen Körperform und Gesicht zurückkehren zu können und wieder wie sie selbst auszusehen. Ausserdem muss sie noch ein Wörtchen mit ihrem Ripperdoc reden, der Dumpersplitter wäre beinahe durch ihr ICE gebrochen.
Sie kratzt, reckt und streckt sich. Schätzungsweise sind noch ein Dutzend weiterer dieses Scav-Abschaums im Gebäude. Es wird Zeit, sich mal ein wenig mit denen zu beschäftigen. Sie betrachtet den bewusstlosen Owl, anschliessend die Gitterstäbe an ihrer Zelle.
Ein von Leonora durchgeführtes Experiment kam zu folgendem Ergebnis: Mithilfe einiger Fusstritte, ist es möglich einen Kopf mit ca. 17cm Breite durch eine 15cm messende Lücke zwischen 2 Stahlgitterstäben zu treten, wenn das Überleben des Testsubjektes keine Relevanz hat.
Auch wenn es nur ein Gig war: Leonora hasste diese Scavs und sie würde das Kommende sehr geniessen, sie freut sich auf einen Tanz mit den Scavs. Der FullSense-Splitter in ihrem Neuralport zeichnet noch immer alles auf. Das zumindest wird mal ein anderes XBD als gewohnt geben; ob sie das nach dem Gig verkaufen sollte?
Nackt tritt Leonora aus der Zelle und macht sich auf die Suche nach weiteren Tanzpartnern.
Wer nicht lesen mag oder kann: Hier die Geschichte als Audio, gelesen von Nerderlei. (Vielen Dank, du bist die Beste!)
Eine riesengrosses Danke an die beste und tollste Nerderlei, die mir beim korrigieren und mit viel Zuspruch geholfen hat – und immer wieder hilft, einfach schon nur, weil es sie gibt und die auch meine hyperaktiven Phasen erträgt.
Sie hat auch einen sehr lesenswerten Blog unter www.nerderlei.de
(Und egal wie toll sie korrigiert, ich schaffe es immer Fehler vorbeizuschmuggeln oder neue einzubringen.)