Ein Androide kandidiert als Präsident und ein kleiner Schrottpresse-Betreiber kämpft mit dem grössten Konzern und dem System um und gegen einen Delfinvibrator.
Es ist kein Cyberpunk-Roman im üblichen Sinne, obwohl alle Bestandteile des Genres vorkommen. Qualityland von Marc-Uwe Kling wirft einen düsteren Blick in die Zukunft, gespickt mit eine Unzahl an Parodien auf heute geltende Technologien, Geschäftspraktiken, Politik und Umgangsformen, die viel Stoff zum Nachdenken liefern – und in der manche Roboter «menschlicher» sind als der Mensch.
Nach der letzten wirtschaftlichen Jahrhundertkrise, (der dritte innerhalb eines Jahrzehnts) wurden umfassende Veränderungen beschlossen. Begonnen mit der Umbenennung des Landes in «Qualityland» wurde eine neue utopische Gesellschaft erschaffen. Künstliche Intelligenzen unterstützen jede Bewohnerin und jeden Bewohner im Alltag, Roboter übernehmen immer mehr Arbeiten, sämtliche Einkäufe werden ungefragt nach Hause geliefert. Bestellen muss man nichts, weil der Händler eh besser weiss, was man benötigt. Selbst die Partnerwahl erfolgt durch Programme, welche den besten, passendsten Partner vermitteln. Damit dies funktioniert, wird jedes Produkt, jede Dienstleistung und jede Person fortlaufend bewertet. Ein wahres Paradies – abgesehen von ein paar Unzufriedenen, welche wegen der Automatisierung keine Arbeit mehr haben oder «Nutzlose», welche so schlecht bewertet werden, dass sie keine Zukunft mehr haben, aber die rechtlose Mehrheit zählt ja nicht wirklich.
Auch der Protagonist Peter ist nicht mehr zufrieden, als der «Shop» ihm ein Produkt liefert, welches er gar nicht will oder braucht: Ein rosafarbener Delfinvibrator. Doch das ist im System so nicht vorgesehen. Der Shop liefert doch nur Sachen aus, die man braucht. Ein Irrtum ist undenkbar! Es beginnt ein Kampf gegen das System, als Peter versucht, das Produkt zurückzugeben.
Der Roman ist sehr anschaulich, hochaktuell, unterhaltsam und auch für technische Laien gut verständlich da sich sein Augenmerk vor allem auf die daraus resultierenden sozialen Umgangsformen richtet. Trotz des lockeren, gut verständlichen Erzählstils und der manchmal etwas derben Sprache bleibt konstant ein beklemmendes Gefühl beim Lesen dieses Buches. Nur allzu oft sieht man in der schon fast dystopischen Vision Analogien zur heutigen Zeit. Am Schluss atmet man auf: Zum Glück ist es ja nur eine erfundene Geschichte und noch lange nicht die Realität.
P.S.: Bereits 2014 hat Amazon das Patent auf «anticipatory shipping» eingereicht. Also, dass Waren geliefert werden sollen, bevor sie überhaupt bestellt werden. In den USA wird dies zur Zeit an ausgewählten Personen getestet. Das Social-Credit-System wie im Buch beschrieben ist in China bereits Realität.
Wertung: 9 von 10 Rosafarbenen Delfinvibratoren
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